ganz interessant zu lesen
Wirtschaft"Wett-Quote für Deutschland nach unten korrigiert"
Betandwin-Chef Marcus Meyer über Tipps zur Fußball-WM, Favoritensiege und statistische Wahrscheinlichkeiten
Herr Meyer, wie läuft das Geschäft mit WM-Wetten?
Das WM-Fieber hat auch die Kunden von Betandwin erfasst. Wir sind sehr zufrieden - jedenfalls was die Umsätze angeht. Profitiert davon haben in den ersten Tagen aber überdurchschnittlich unsere Kunden. Die haben bislang toll gewettet - und gewonnen!
Warum das?
Bislang haben bei der WM fast nur die Favoriten gewonnen. Und auf Favoriten-Siege setzt in der Regel die große Mehrheit der Kunden, obwohl die Gewinnquoten dafür natürlich viel geringer sind, als wenn sich Außenseiter durchsetzen. Deshalb haben wir gerade nach den beiden Deutschland-Siegen hohe Gewinne an unsere Kunden ausgeschüttet. Die Europameisterschaft vor zwei Jahren lief genau umgekehrt: Auf Griechenland als Europameister hat so gut wie niemand gesetzt und die Wettanbieter konnten hohe Gewinnmargen erzielen.
Die WM ist für Sie also bisher ein Zuschussgeschäft?
Soweit würde ich nicht gehen, aber es gab sicherlich Tage, an denen wir mehr ausgezahlt haben, als wir eingenommen haben. Wir sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn wenn die Kunden viel Geld gewinnen, dann macht ihnen das Wetten auch Spaß und dann bleiben sie auch bei uns. Anders als zu normalen Bundesliga-Zeiten setzen bei der WM zahlreiche neue Kunden, darunter auch viele Frauen. Die wollen wir natürlich bei der Stange halten.
Trauen Ihre Kunden den Deutschen zu, Weltmeister zu werden?
Angesichts der bisherigen guten Leistungen der deutschen Mannschaft tun das in der Tat immer mehr Kunden. Wobei viele Fans der deutschen Mannschaft auch auf Brasilien setzen. Der Grund: Sie können sich wenigstens mit dem Wett-Gewinn trösten, wenn es für Deutschland doch nicht mit dem Titel klappen sollte.
Haben Sie Ihre Quote für Deutschland nach den beiden Siegen gegen Costa Rica und Polen geändert?
Ja, wir mussten unsere Quote schon leicht nach unten korrigieren: Wer vor WM-Start auf Deutschland als Weltmeister gesetzt hat, bekommt im Erfolgsfall seinen achteinhalbfachen Einsatz zurück, also 8,50 Euro bei einem Euro Einsatz. Jetzt gibt es nur noch 7,50 Euro. Top-Favorit auf den WM-Titel bleibt aber trotz der dürftigen Leistung im ersten Spiel Brasilien. Hier beträgt die Gewinnquote nur 3,75 Euro.
Nach welchen Kriterien legen Sie die Gewinnquoten fest?
Ein Beispiel: Wir Deutschen neigen ja dazu, die Leistung unserer Mannschaft zu verklären. Deshalb setzen wir dann auch Buchmacher anderer Nationalität ein, die das nicht durch die rosa-rote Brille betrachten. Schließlich beschäftigen wir weltweit über 100 Buchmacher. Die setzen sich dann schon mal zusammen und diskutieren über die Quoten. Ziel ist es am Ende aber immer, rein rechnerisch rund 90 Prozent der Einsätze wieder an die Kunden auszuschütten.
Kommt es nie vor, dass Sie sich bei den Quoten verrechnen und dass clevere Kunden dies ausnutzen?
Unsere Buchmacher sind sehr erfahren. Sie berechnen die Quoten nach statistischen Wahrscheinlichkeiten. Da sind auch einige Mathematiker darunter. Dennoch kann man Fehler natürlich nie ausschließen - zum Beispiel, wenn sich ein wichtiger Spieler verletzt hat und der Buchmacher es noch nicht weiß. Auch bei Live-Wetten, wo die Quoten ständig dem Spielverlauf angepasst werden, können in der Hektik schon einmal Fehler vorkommen. Da gibt es in der Tat gewiefte Kunden, die das fast professionell betreiben und solche Fehler sofort ausnutzen. Manche nutzen sogar die unterschiedlichen Quoten bei verschiedenen Wettanbietern aus: Da gibt es manchmal Konstellationen, die ihnen sichere Gewinne garantieren.
Betandwin ist erfolgreich, Ihr Unternehmen wächst rasant. Werden Sie dank der WM weiter zulegen?
Ja, Betandwin hat 2005 weltweit mehr als 1,1 Milliarden Euro umgesetzt. In diesem Jahr wird es noch einmal deutlich mehr sein. Unsere Erwartungen werden wir auch dank der WM mit Sicherheit übertreffen.
Derzeit schießen immer mehr Wettanbieter wie Pilze aus dem Boden. Macht Ihnen die zunehmende Konkurrenz zu schaffen?
Das ist richtig, aber da wir länger am Markt sind, als die meisten anderen, haben wir einen enormen Startvorteil. Unter den privaten Anbietern sind wir klar die Nummer eins in Deutschland. Und diese Position dürfte uns so schnell keiner streitig machen. Insgesamt gehen wir davon aus, dass der Wettmarkt weiter kräftig wachsen wird und dass wir überproportional davon profitieren werden.
Im Frühjahr hat das Bundesverfassungsgericht dem staatlichen Sportwettenmonopol in einem Urteil enge Grenzen aufgezeigt. Rechnen Sie mit einer vollständigen Liberalisierung?
Wir glauben, dass sich das Monopol nicht erhalten lässt. Da man die Angebote aus dem Ausland im Internet schwerlich verbieten kann, spricht alles dafür, auch Anbieter im eigenen Land zu lizenzieren. Eine vollständige Liberalisierung wäre nur konsequent.
Wettanbietern wird vorgeworfen, dass sie die Spielsucht fördern. Können Sie das ernsthaft bestreiten?
Wir wissen, dass Spielsucht ein Problem in unserer Gesellschaft ist und betreiben deshalb einen großen Aufwand, um Betroffenen Hilfe zu bieten. So können unsere Kunden nur maximal 1 000 Euro am Tag oder 5 000 Euro im Monat auf ihr Wettkonto einzahlen. Wir nehmen auch Kontakt mit Kunden auf, die durch ihr Einsatzverhalten auffallen. Darüber hinaus unterstützen wir mit 1,4 Millionen Euro ein Projekt der Harvard Medical School zur Früherkennung von Spielsucht. betandwin will keine Zocker, die ihr Erspartes verspielen, sondern aufgeschlossene Menschen, die mit moderaten Einsätzen Spaß an Sportwetten haben.
Das Gespräch führte Sebastian Wolff.
Berliner Zeitung, 17.06.2006
Wirtschaft"Wett-Quote für Deutschland nach unten korrigiert"
Betandwin-Chef Marcus Meyer über Tipps zur Fußball-WM, Favoritensiege und statistische Wahrscheinlichkeiten
Herr Meyer, wie läuft das Geschäft mit WM-Wetten?
Das WM-Fieber hat auch die Kunden von Betandwin erfasst. Wir sind sehr zufrieden - jedenfalls was die Umsätze angeht. Profitiert davon haben in den ersten Tagen aber überdurchschnittlich unsere Kunden. Die haben bislang toll gewettet - und gewonnen!
Warum das?
Bislang haben bei der WM fast nur die Favoriten gewonnen. Und auf Favoriten-Siege setzt in der Regel die große Mehrheit der Kunden, obwohl die Gewinnquoten dafür natürlich viel geringer sind, als wenn sich Außenseiter durchsetzen. Deshalb haben wir gerade nach den beiden Deutschland-Siegen hohe Gewinne an unsere Kunden ausgeschüttet. Die Europameisterschaft vor zwei Jahren lief genau umgekehrt: Auf Griechenland als Europameister hat so gut wie niemand gesetzt und die Wettanbieter konnten hohe Gewinnmargen erzielen.
Die WM ist für Sie also bisher ein Zuschussgeschäft?
Soweit würde ich nicht gehen, aber es gab sicherlich Tage, an denen wir mehr ausgezahlt haben, als wir eingenommen haben. Wir sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn wenn die Kunden viel Geld gewinnen, dann macht ihnen das Wetten auch Spaß und dann bleiben sie auch bei uns. Anders als zu normalen Bundesliga-Zeiten setzen bei der WM zahlreiche neue Kunden, darunter auch viele Frauen. Die wollen wir natürlich bei der Stange halten.
Trauen Ihre Kunden den Deutschen zu, Weltmeister zu werden?
Angesichts der bisherigen guten Leistungen der deutschen Mannschaft tun das in der Tat immer mehr Kunden. Wobei viele Fans der deutschen Mannschaft auch auf Brasilien setzen. Der Grund: Sie können sich wenigstens mit dem Wett-Gewinn trösten, wenn es für Deutschland doch nicht mit dem Titel klappen sollte.
Haben Sie Ihre Quote für Deutschland nach den beiden Siegen gegen Costa Rica und Polen geändert?
Ja, wir mussten unsere Quote schon leicht nach unten korrigieren: Wer vor WM-Start auf Deutschland als Weltmeister gesetzt hat, bekommt im Erfolgsfall seinen achteinhalbfachen Einsatz zurück, also 8,50 Euro bei einem Euro Einsatz. Jetzt gibt es nur noch 7,50 Euro. Top-Favorit auf den WM-Titel bleibt aber trotz der dürftigen Leistung im ersten Spiel Brasilien. Hier beträgt die Gewinnquote nur 3,75 Euro.
Nach welchen Kriterien legen Sie die Gewinnquoten fest?
Ein Beispiel: Wir Deutschen neigen ja dazu, die Leistung unserer Mannschaft zu verklären. Deshalb setzen wir dann auch Buchmacher anderer Nationalität ein, die das nicht durch die rosa-rote Brille betrachten. Schließlich beschäftigen wir weltweit über 100 Buchmacher. Die setzen sich dann schon mal zusammen und diskutieren über die Quoten. Ziel ist es am Ende aber immer, rein rechnerisch rund 90 Prozent der Einsätze wieder an die Kunden auszuschütten.
Kommt es nie vor, dass Sie sich bei den Quoten verrechnen und dass clevere Kunden dies ausnutzen?
Unsere Buchmacher sind sehr erfahren. Sie berechnen die Quoten nach statistischen Wahrscheinlichkeiten. Da sind auch einige Mathematiker darunter. Dennoch kann man Fehler natürlich nie ausschließen - zum Beispiel, wenn sich ein wichtiger Spieler verletzt hat und der Buchmacher es noch nicht weiß. Auch bei Live-Wetten, wo die Quoten ständig dem Spielverlauf angepasst werden, können in der Hektik schon einmal Fehler vorkommen. Da gibt es in der Tat gewiefte Kunden, die das fast professionell betreiben und solche Fehler sofort ausnutzen. Manche nutzen sogar die unterschiedlichen Quoten bei verschiedenen Wettanbietern aus: Da gibt es manchmal Konstellationen, die ihnen sichere Gewinne garantieren.
Betandwin ist erfolgreich, Ihr Unternehmen wächst rasant. Werden Sie dank der WM weiter zulegen?
Ja, Betandwin hat 2005 weltweit mehr als 1,1 Milliarden Euro umgesetzt. In diesem Jahr wird es noch einmal deutlich mehr sein. Unsere Erwartungen werden wir auch dank der WM mit Sicherheit übertreffen.
Derzeit schießen immer mehr Wettanbieter wie Pilze aus dem Boden. Macht Ihnen die zunehmende Konkurrenz zu schaffen?
Das ist richtig, aber da wir länger am Markt sind, als die meisten anderen, haben wir einen enormen Startvorteil. Unter den privaten Anbietern sind wir klar die Nummer eins in Deutschland. Und diese Position dürfte uns so schnell keiner streitig machen. Insgesamt gehen wir davon aus, dass der Wettmarkt weiter kräftig wachsen wird und dass wir überproportional davon profitieren werden.
Im Frühjahr hat das Bundesverfassungsgericht dem staatlichen Sportwettenmonopol in einem Urteil enge Grenzen aufgezeigt. Rechnen Sie mit einer vollständigen Liberalisierung?
Wir glauben, dass sich das Monopol nicht erhalten lässt. Da man die Angebote aus dem Ausland im Internet schwerlich verbieten kann, spricht alles dafür, auch Anbieter im eigenen Land zu lizenzieren. Eine vollständige Liberalisierung wäre nur konsequent.
Wettanbietern wird vorgeworfen, dass sie die Spielsucht fördern. Können Sie das ernsthaft bestreiten?
Wir wissen, dass Spielsucht ein Problem in unserer Gesellschaft ist und betreiben deshalb einen großen Aufwand, um Betroffenen Hilfe zu bieten. So können unsere Kunden nur maximal 1 000 Euro am Tag oder 5 000 Euro im Monat auf ihr Wettkonto einzahlen. Wir nehmen auch Kontakt mit Kunden auf, die durch ihr Einsatzverhalten auffallen. Darüber hinaus unterstützen wir mit 1,4 Millionen Euro ein Projekt der Harvard Medical School zur Früherkennung von Spielsucht. betandwin will keine Zocker, die ihr Erspartes verspielen, sondern aufgeschlossene Menschen, die mit moderaten Einsätzen Spaß an Sportwetten haben.
Das Gespräch führte Sebastian Wolff.
Berliner Zeitung, 17.06.2006
Kommentar