Dortmund – Thorben Jeß ist als Jogger schon viele Kilometer gerannt, doch so dumm wie am vergangenen Dienstag ist es noch nie für ihn gelaufen. Der Arm des Gesetzes holte ihn ein – weil er das falsche T-Shirt trug.
Der 30-Jährige joggte gegen 17 Uhr auf der Märkischen Straße. In dem neuen T-Shirt, das ihm seine ehemaligen Mitspieler aus der Amateurmannschaft von Werder Bremen zum Geburtstag geschenkt hatten. Vorn war klein und hinten groß der Schriftzug des Sponsors "bwin" aufgedruckt.
Plötzlich hielt ein Streifenwagen der Polizei neben Jeß. "Einer der beiden Polizisten forderte mich auf, mein T-Shirt auszuziehen", berichtet er. Schließlich sei die Werbung für den privaten Sportwettenanbieter "betandwin" (bwin) in NRW verboten, klärte der Beamte ihn auf.
"Ich fühlte mich gleichzeitig verängstigt und verarscht", erzählt Jeß. Doch der Gesetzeshüter meinte es ernst. Der Jogger entgegnete, er könne doch als Privatperson tragen, was er wolle. Und fragte: "Soll ich jetzt nackend rumrennen?"
Soweit wollte es der Polizist nicht kommen lassen und machte in dem Fall ausdrücklich "eine Ausnahme". Jeß durfte mit dem T-Shirt noch bis nach Hause laufen.
"Wir sind zur Einhaltung der Rechtsvorschriften verpflichtet", erklärte am Freitag ein Sprecher der Polizei auf RN-Anfrage. Und der Kollege habe diesen Fall doch mit einer freundlichen Ermahnung gelöst.
Der Dortmunder Staatsanwaltschaft ist so ein Vorgang noch nicht untergekommen. "Das kann eine Ordnungswidrigkeit sein", meinte Oberstaatsanwalt Heiko Oltmanns etwas ratlos, "doch ob es sich bei dem Privat-T-Shirt um illegale Werbung handelt, müsste einer sorgfältigen Rechtsprüfung unterzogen werden."
Der Polizeibeamte habe "goldrichtig" gehandelt, versichert die Pressesprecherin im Innenministerium, Dagmar Pelzer. "bwin" auf T-Shirts sei Werbung für etwas Illegales. "Die muss man genauso behandeln wie Trikot- und Bandenwerbung." Dennoch habe der Beamte das nötige Augenmaß bewiesen und darauf verzichtet, Jeß das T-Shirt vom Leib zu reißen.
***
Auch kleine Vereine vom Werbeverbot betroffen
"betandwin" sponsert nicht nur den BVB, der vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen das Werbeverbot klagt, sondern stellt auch kleinen Sport-Vereinen Trikots. Die RN befragten dazu Ordnungsamtsleiter Ortwin Schäfer:
Frage: Herr Schäfer, wie muss man das rechtlich einschätzen?
Schäfer: Auch das ist Werbung für illegale Sportwetten und damit verboten.
Wollen Sie das ahnden, wenn die klammen Vereine "bwin"-Trikots annehmen?
Wir wollen die Vereine in Kürze über den Stadtsportbund und das Sportamt anschreiben, mit der Bitte, das zu unterlassen.
Und wenn sie das nicht tun?
Wir werden keine Kontrollen machen und nur bei einer Anzeige tätig.
***
Moment mal: Absurd
Als ob die Rechtslage seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur (Un-)Rechtmäßigkeit von Sportwetten nicht schon verwirrend genug wäre. Jetzt geraten auch Privatpersonen in den Sog des Dauerstreits, der letztlich auf EU-Ebene entschieden wird.
Mögen die Beamten bei Polizei und Ordnungsamt mit ihrem Vorgehen prinzipiell und juristisch "goldrichtig" liegen, die Auswirkungen sind absurd. Mitglieder kleiner Vereine können mit ihren gesponserten T-Shirts nur noch in der Halle trainieren, wenn sie sich nicht angreifbar machen wollen. Sportler sollten aufpassen, was sie auf öffentlichen Wegen tragen.
Irgendwann heißt es: Pupsen auf der Straße verboten. Weil es gegen das Emissionsschutzgesetz verstößt.
Freitag, 25. August 2006 | Gaby Kolle
Der 30-Jährige joggte gegen 17 Uhr auf der Märkischen Straße. In dem neuen T-Shirt, das ihm seine ehemaligen Mitspieler aus der Amateurmannschaft von Werder Bremen zum Geburtstag geschenkt hatten. Vorn war klein und hinten groß der Schriftzug des Sponsors "bwin" aufgedruckt.
Plötzlich hielt ein Streifenwagen der Polizei neben Jeß. "Einer der beiden Polizisten forderte mich auf, mein T-Shirt auszuziehen", berichtet er. Schließlich sei die Werbung für den privaten Sportwettenanbieter "betandwin" (bwin) in NRW verboten, klärte der Beamte ihn auf.
"Ich fühlte mich gleichzeitig verängstigt und verarscht", erzählt Jeß. Doch der Gesetzeshüter meinte es ernst. Der Jogger entgegnete, er könne doch als Privatperson tragen, was er wolle. Und fragte: "Soll ich jetzt nackend rumrennen?"
Soweit wollte es der Polizist nicht kommen lassen und machte in dem Fall ausdrücklich "eine Ausnahme". Jeß durfte mit dem T-Shirt noch bis nach Hause laufen.
"Wir sind zur Einhaltung der Rechtsvorschriften verpflichtet", erklärte am Freitag ein Sprecher der Polizei auf RN-Anfrage. Und der Kollege habe diesen Fall doch mit einer freundlichen Ermahnung gelöst.
Der Dortmunder Staatsanwaltschaft ist so ein Vorgang noch nicht untergekommen. "Das kann eine Ordnungswidrigkeit sein", meinte Oberstaatsanwalt Heiko Oltmanns etwas ratlos, "doch ob es sich bei dem Privat-T-Shirt um illegale Werbung handelt, müsste einer sorgfältigen Rechtsprüfung unterzogen werden."
Der Polizeibeamte habe "goldrichtig" gehandelt, versichert die Pressesprecherin im Innenministerium, Dagmar Pelzer. "bwin" auf T-Shirts sei Werbung für etwas Illegales. "Die muss man genauso behandeln wie Trikot- und Bandenwerbung." Dennoch habe der Beamte das nötige Augenmaß bewiesen und darauf verzichtet, Jeß das T-Shirt vom Leib zu reißen.
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Auch kleine Vereine vom Werbeverbot betroffen
"betandwin" sponsert nicht nur den BVB, der vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen das Werbeverbot klagt, sondern stellt auch kleinen Sport-Vereinen Trikots. Die RN befragten dazu Ordnungsamtsleiter Ortwin Schäfer:
Frage: Herr Schäfer, wie muss man das rechtlich einschätzen?
Schäfer: Auch das ist Werbung für illegale Sportwetten und damit verboten.
Wollen Sie das ahnden, wenn die klammen Vereine "bwin"-Trikots annehmen?
Wir wollen die Vereine in Kürze über den Stadtsportbund und das Sportamt anschreiben, mit der Bitte, das zu unterlassen.
Und wenn sie das nicht tun?
Wir werden keine Kontrollen machen und nur bei einer Anzeige tätig.
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Moment mal: Absurd
Als ob die Rechtslage seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur (Un-)Rechtmäßigkeit von Sportwetten nicht schon verwirrend genug wäre. Jetzt geraten auch Privatpersonen in den Sog des Dauerstreits, der letztlich auf EU-Ebene entschieden wird.
Mögen die Beamten bei Polizei und Ordnungsamt mit ihrem Vorgehen prinzipiell und juristisch "goldrichtig" liegen, die Auswirkungen sind absurd. Mitglieder kleiner Vereine können mit ihren gesponserten T-Shirts nur noch in der Halle trainieren, wenn sie sich nicht angreifbar machen wollen. Sportler sollten aufpassen, was sie auf öffentlichen Wegen tragen.
Irgendwann heißt es: Pupsen auf der Straße verboten. Weil es gegen das Emissionsschutzgesetz verstößt.
Freitag, 25. August 2006 | Gaby Kolle
http://www.westline.de/index_8831.php
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